„Moischt? Möschten wir nicht.“ – Bericht von der Ausschusssitzung der Regionalversammlung am 23. September 2024

von | Okt. 4, 2024 | Aktuelles | 0 Kommentare

Das Zitat stammt von einem Mitglied der Regionalversammlung im Bezug auf die Hohnes-Fläche.
Vorab ist jedoch zu sagen, dass keine Entscheidung gefallen ist.

Die Masse an Einwendungen, die nach der 1. Offenlage des Regionalplanentwurfs einging, wurde seit Ende der Einwendungsfrist von der Oberen Landesplanungsbehörde (RP Gießen) abgearbeitet, wobei mehrere Tausend Einzelpunkte zu prüfen und gegebenenfalls Änderungen vorzuschlagen waren.

Inzwischen ist der Punkt erreicht, an dem der Komplex Regionalplantext abgeschlossen ist und die Regionalplankarte einschließlich der eher heiklen Punkte "Siedlung" und "Industrie und Gewerbe" für die zweite Offenlage in Angriff genommen wird. Konkret gibt es eine Tabelle, in der die fraglichen Gebiete aufgelistet sind, die Stellungnahmen zusammengefasst und Vorschläge gemacht werden, wie den Einwänden abgeholfen werden soll. Dazu gibt es jeweils Plankarten, die die Vorschläge aus der ersten Offenlage und die Änderungen für die zweite Offenlage enthalten. Dies zu beraten und zu beschließen, ist nun Aufgabe der Ausschüsse sowie der Regionalversammlung.

Am 23. September wurden die Vorschläge der Planungsbehörde den Ausschüssen in einer öffentlichen Sitzung bekanntgegeben. Die Ausschussmitglieder haben nun Zeit, sich in die Vorschläge einzuarbeiten, um bei der nächsten Sitzung am 14. Oktober erneut darüber zu beraten. Veröffentlicht bzw. zur Veröffentlichung freigegeben sind diese Dokumente noch nicht, da jedoch die Sitzung öffentlich war, konnten wir bereits Einblick nehmen in die Tabelle (tatsächlich handelt es sich um einen dicken Packen großformatiger, gefalteter Aktenstücke) und ein knappes Dutzend großformatiger Plankarten, die jeweils den Bereich des gesamten RP Mittelhessen abdecken.

In der neuen Plankarte ist der Hohnes nicht mehr als aktuelles, sondern als ehemalig beplantes Gebiet eingezeichnet. Das heißt, eine aktuelle Planung für den Hohnes gibt es nicht mehr.

Und noch wichtiger: die Planungsbehörde empfiehlt in der Tabelle, die Hohnes-Fläche wegen mangelnder Eignung komplett entfallen zu lassen. Dabei werden in der Zusammenfassung der Stellungnahmen wesentlich die Argumente angeführt, die wir in unserer Einwendung vom 25. März 2022 vorgetragen haben, darunter insbesondere
- die ungünstige Topographie,
- die mangelhafte verkehrliche Erschließbarkeit,
- der Verlust landwirtschaftlich bedeutsamer und wasserspeichernder Flächen,
- die Existenzgefährdung von Landwirten
- die Kollision mit dem Anbau von Biomasse für die Biogasanlagen im Nahbereich
- der Verlust hochwertiger Strukturen wie einer Imkerei und einer Streuobstwiese
- die Gefährdung tieferliegender Gebiete bei Starkregen
- die übermäßige Belastung umliegender Siedlungsgebiete durch Lärm- und Lichtimmissionen.

Ganz sicher wurden diese Argumente auch von anderen Einwendern vorgetragen, wir beanspruchen damit also keineswegs, diese Empfehlung alleine herbeigeführt zu haben. Aber wir haben diese Sachverhalte ermittelt, zusammengeführt und vorgetragen, und wir sehen mit Genugtuung, dass wir in allen Punkten richtig lagen.

Erheblich ist sicher auch, dass die Stadt Marburg im Tausch gegen die bekannte Fläche für Görzhausen IV (im Regionalplan künftig G326 genannt) auf den Hohnes verzichtet. Es bleibt Spekulation, wie eine Abwägung ausfallen würde, wenn Marburg weiterhin auf dem Hohnes bestehen würde. An der fachlichen Einschätzung der Landesplanungsbehörde zur Eignung des Hohnes als Industriegebiet hätte dies aber nichts geändert.

Wie geht es weiter?

Am 14. Oktober findet die nächste Sitzung der Ausschüsse statt, in der voraussichtlich die Beschlussvorlage zur Erwiderung der Stellungnahmen zu den "Vorranggebieten Industrie und Gewerbe Planung" und die sich daraus ergebenden Änderungen zur Abstimmung kommen. Ferner haben wir Kenntnis von nicht öffentlichen Sondersitzungen und Workshops im Herbst, von denen wir nicht wissen, ob sie schon stattgefunden haben oder nicht. Die Stadt Marburg wird sich definitiv äußern müssen, ob sie statt des Hohnes Dagobertshausen haben will. Wir werden genau beobachten, ob sich die Waagschale weiter in diese Richtung neigt.

Die Ergebnisse der Ausschusssitzungen werden voraussichtlich Anfang kommenden Jahres erneut offengelegt. Etwa in der ersten Jahreshälfte 2025 können wir mit einem Beschluss der Regionalversammlung zur Vorlage des Regionalplans bei der Obersten Landesplanungsbehörde zur Genehmigung durch die Landesregierung rechnen, durch die der Regionalplan schließlich Bestandskraft erhält.

Auf dem Weg dorthin können theoretisch noch einige Minen vergraben sein. Die Stadt Marburg könnte es sich, salopp gesagt, anders überlegen und im Oktober wieder auf Dagobertshausen verzichten. Es könnten bisher nicht bekannte Hindernisse auftauchen, die eine Aufnahme der Fläche G326 in den Regionalplan unmöglich machen. Es könnte versucht werden, mit einem noch nicht vorhersehbaren Winkelzug am Hohnes den Fuss in der Tür zu lassen (auch von Görzhausen IV wusste vor einem Dreivierteljahr noch niemand - jedenfalls nicht die Öffentlichkeit). Das alles sind Spekulationen, die wir für nicht wahrscheinlich halten, aber eben auch nicht kategorisch ausschließen können.

Im Moment weisen alle Zeiger weg vom Hohnes. Wir sind nicht der Meinung, dass ein Problem gelöst ist, wenn jemand anderes es am Hals hat. Aber für die Orte östlich von Marburg ist es eine gute Nachricht.